Morgen
Vorbotin der Energiewende
Nach 25 Jahren wird die Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm in ihrer bisherigen Form aufgelöst. Die Sonne macht jedoch noch kräftig weiter. Das sollten wir nutzen. Welche Ideen gibt es und welche Impulse der so erfolgreich agierenden Initiative werden weitergetragen? Das wollten wir von Wegbegleitern, Experten aus der Wissenschaft und Vertretern aus Politik und Wirtschaft wissen, denen wir die Frage gestellt haben.
„Was waren für sie die größten Errungenschaften der Solarstiftung und wie sollten die Stadt und die Region sie für die Zukunft nutzen?“

Zum Wohle von Mensch und Natur
Gunter Czisch
Oberbürgermeister der Stadt Ulm
Die Solarstiftung wurde zu einer Zeit gegründet, als das Schlagwort „Nachhaltigkeit“ noch nicht in aller Munde war. Es war eine Zeit, in der Solarenergie gerne als Nischenthema abgetan wurde. In Ulm und Neu-Ulm entschied man sich ungeachtet dessen im Jahr 1995 zur Gründung einer entsprechenden Stiftung. Und so ist es eine der wesentlichen Errungenschaften der Solarstiftung, dass sie bereits früh ein Bewusstsein für erneuerbare Energien hier vor Ort geschaffen hat. Inzwischen steht außer Frage, dass diese Energiequellen im 21. Jahrhundert – zum Wohle von Mensch und Natur – unverzichtbar sind.
In Ulm haben wir die Dringlichkeit des Themas in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erkannt und entsprechend politisch gehandelt. Was die Solarstiftung dabei geleistet hat, zeigt sich an der wiederholten Auszeichnung Ulms durch die Solarbundesliga. Die Stiftung förderte und fördert effektiv den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen in der Region. Beispiele hierfür sind die Passivhaussiedlung „Im Sonnenfeld“ am Eselsberg, die Solarmodule an der Lukaskirche und die Bürgeraktion „Solardorf Ermingen“.
Für die Zukunft gilt: Wir müssen Energie, Digitalisierung und Mobilität zusammen denken. Eine intelligente Verknüpfung der einzelnen Sektoren wird für das private und berufliche Leben immer wichtiger, unseren Stadtwerken wird in diesem Zusammenspiel künftig eine ganz neue Rolle zukommen. Die Solarstiftung hat diese Bedeutung erkannt und ihren Fokus dementsprechend erweitert.
Ganz allgemein nimmt Ulm in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle bei der Erforschung und Anwendung von Zukunftstechnologien ein. Dies bestätigen der Zuschuss des Bundes für eine Forschungsfabrik für Brennstoffzellen und Wasserstoff, die Auszeichnung als „Energiekommune“ oder die Auswahl im Rahmen des Wettbewerbs „Zukunftsstadt 2030“. Mit unserer Wissenschaftsstadt, mit vielen innovativen Unternehmen vor Ort, ist es unsere Aufgabe, den Fortschritt der Energiewende zum Wohle aller mitzugestalten.

Voller Ideen und Ideale
Tim von Winning
Baubürgermeister der Stadt Ulm
Zur richtigen Zeit die richtigen Themen und die richtigen Leute zusammenbringen – das haben die Gründer der Solarstiftung vor 25 Jahren geschafft. Es war nicht nur Glück, es war auch ein gutes Händchen, mit der die Stadt Ulm die Aufbruchsstimmung und die Potenziale in der Solarenergienutzung erkannt und umgesetzt hat. Die Solarszene war voller Ideen und Ideale, die Stadtverwaltung begleitete den Gründungsprozess und der Gemeinderat konnte Mittel freigegeben. So entstanden eine breite Akzeptanz und ein Hand-in-Hand-Greifen der Akteure. Aus Einzelprojekten wurde ein kontinuierliches Förderkonzept, das die Solarinitiativen über 25 Jahre vorangebracht hat.
Entscheidend dabei war auch, dass nicht alle geförderten Projekte aus technischer Sicht messbar erfolgreich sein mussten. Oft konnten auch Projekte mit „nur“ ressourcenschonendem Energieeinsatz angestoßen oder ein Umdenken angeregt werden. Auch eine Vernetzung der verschiedenen Akteure auf diesem Gebiet war entscheidend und konnte mit den Stiftungsprojekten befördert werden. Die Solarstiftung hat hier große Dienste erwiesen.
Tatsächlich sind die meisten technischen Fragen von damals mittlerweile beantwortet. Die Umwandlung von Sonnenenergie in speicherbare Energieformen für Gebäude und Fahrzeuge ist gelöst und Photovoltaik ist inzwischen wirtschaftlich konkurrenzfähig. Trotzdem ist die Energiewende noch nicht vollzogen und viele gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind weiterhin festzulegen. Beispielsweise hat in diesem Jahr der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen, dass ab 2022 verbindlich an allen Nicht-Wohngebäuden Photovoltaik mitrealisiert werden muss. Der Gemeinderat der Stadt Ulm hat diesen Beschluss mit sofortiger Wirkung auch für Wohngebäude ergänzt.
Die Projekte der Solarstiftung haben vielseitige Synergien und Wechselwirkungen erzeugt: nicht nur zum Nutzen für Klimaschutz, Energieeinsparung und effizienter Energieversorgung, sondern auch zur gleichermaßen dringlichen Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt. Das können wir von der Solarstiftung lernen.

Effektive Schritte
Katrin Albsteiger
Oberbürgermeisterin der Stadt Neu-Ulm
Die Städte Ulm und Neu-Ulm haben vor nunmehr 25 Jahren die Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm gegründet. Eine vorausschauende und zukunftsweisende Entscheidung in einer Zeit, in der Themen wie solare Energien, Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Alltag noch nicht verankert und etabliert waren. Die Gründung der Solarstiftung kann daher sicherlich als Meilenstein zur Förderung von regenerativen Ideen in der gesamten Region verstanden werden.
Ich sehe eine der Hauptaufgaben der Solarstiftung darin, die Öffentlichkeit für den dringend notwendigen Schutz des Klimas und der fossilen Ressourcen zu sensibilisieren und auch die Rahmenbedingungen zur Nutzung der erneuerbaren Energien in der Region zu verbessern.
Eine hervorragende Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erregen und somit auch den Solargedanken in das Bewusstsein der Menschen zu bringen, ist die Solarflotte auf der Donau. Welcher Ulmer und Neu-Ulmer kennt sie nicht? Schon seit dem Jahr 1996 sind mit Solarbooten Rundfahrten auf der Donau möglich, seit 2004 quert eine Solarfähre den Fluss. Wer ist noch nicht damit über die Donau gefahren? Sei es beim Internationalen Donaufest oder aber bei einem gemütlichen Spaziergang am Wochenende? Die Solarflotte ist ein perfektes Beispiel dafür, wie wichtige Zukunftsthemen in der Mitte der Gesellschaft nachhaltig platziert werden können – und das schon bei den Kleinsten. Denn Kinder und Jugendliche haben immer besonders viel Spaß bei den Fahrten über die Donau.
Zur Arbeit der Stiftung gehört auch das Networking. Seit 25 Jahren vernetzt die Solarstiftung Anbieter und Interessierte miteinander. So wurde Know-how weitergegeben und der Anteil der solaren Energien gesteigert. Dennoch bleibt keine Zeit, um auszuruhen: Erneuerbare Energien sind die Zukunft. Neben Wind- und Wasserkraft wird künftig vor allem auch die Solarenergie eine große Rolle spielen. Das Umdenken in der Gesellschaft hat glücklicherweise bereits eingesetzt.
Wenn wir den Ausbau der erneuerbaren Energien auch weiterhin effektiv vorantreiben wollen, dann sind Initiativen wie die Solarstiftung unverzichtbar. Denn diese Initiativen schaffen es mit kleinen, aber umso effektiveren Schritten, die Menschen für die wichtigen Zukunftsthemen zu sensibilisieren.

Im Sinne Albrecht Berblingers
Ivo Gönner
Alt-Oberbürgermeister der Stadt Ulm
Die Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm hatte das Ziel, die Nutzung der Sonnenenergie in allen Lebensbereichen praktisch zu zeigen. Deshalb wurden Beispiele der praktischen Anwendung unterstützt und gefördert: Die Aufbereitung von Warmwasser, die Wärme- und Stromgewinnung in Wohnhäusern, Kindergärten, Schulen und Bürogebäuden, der Antrieb von Fahrzeugen und Schiffen, die Gestaltung von Kunstobjekten usw.
Die Energiegewinnung aus der Sonnenkraft und dem Sonnenlicht ist und bleibt eine vielfältig nutzbare Zukunftstechnologie. Diese Innovation hat auch in Zukunft für alle Lebensbereiche und auf allen Kontinenten eine Schrittmacherfunktion. Gleichzeitig können hier neue Anwendungsfelder der Technik und handwerkliche Dienstleistungen erschlossen werden, ebenso werden im Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich hier Perspektiven aufgezeigt.
Banken und Finanzierungsmodelle fördern die Anwendung von „Sonnenenergie-Systemen“. Ebenso werden die neuen Aufgaben bezüglich Batterie- und Speichertechnologien weitere Felder von heute und morgen sein. Dafür steht auch der technologische Vorstoß, Solarflugzeuge zu entwickeln. Ganz im Sinne des Ulmer Flugpioniers Albrecht Ludwig Berblinger. Die solare Zukunft in allen Facetten ist auch zukünftig aller Mühen wert.

Der Weg ist klar aufgezeigt
Prof. Dr. Martin Müller
ist Vorsitzender des Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) e.V.
Die Solarstiftung hat zu einem extrem frühen Zeitpunkt, als Solarenergie noch nicht ernstgenommen wurde, wegweisende Projekte gestartet. Sie hat Akzeptanz gefördert und alternative Wege der Energieversorgung aufgezeigt. Die Weitsicht der Gründer der Stiftung kann man gar nicht hoch genug würdigen. Im Rahmen der Verbrauchsstiftung wurden dann das Spektrum erweitert und die gesamte Energiewende zum Gegenstand der Förderung. Auch hier entwickelten sich schnell innovative Pilotprojekte, die es nun gilt in der Breite umzusetzen. Dies ist die Herausforderung für die Stadt Ulm in der Zukunft. Der Weg der Energiewende (Stichwort Sektorkopplung usw.) ist klar aufgezeigt, nun gilt es diesen Weg hochzuskalieren.

Konzertierte Aktion
Alexander Wetzig
ehemaliger Baubürgermeister der Stadt Ulm
Die Ulmer Solarstiftung ist ein Erfolgsmodell. Fachlich macht sich das am sichtbarsten fest an dem jahrelangen Spitzenreiterplatz Ulms in der Solarbundesliga unter den Städten seiner Größenklasse – noch weit etwa vor Freiburg. So beliebt solches Ranking im (stadt-)politischen Marketing auch ist – und dem Antrieb politischen Handelns auch förderlich – es bleibt als temporäres Ereignis im tagespolitischen Geschehen stecken.
Dauerhaft jedoch verbleibt, was hinter dem Ranking steht, und das ist zweifellos die größte Errungenschaft der Solarstiftung: nämlich das Thema der Verantwortung vor Ort für den Klimaschutz durch die Förderung und Anwendung regenerativer Energien breit in die Stadtgesellschaft hineingetragen zu haben. Öffentliche Bewusstseinsbildung für solare Energiepolitik in der eigenen Stadt in Bürgerschaft, Wirtschaft, Medien, Politik und Verwaltung jenseits der Fachdiskurse derer, „die es sowieso schon wissen“. Das Thema hineingetragen zu haben in die Schulen, in den öffentlichen Raum, in den bürgerschaftlichen Alltag. Lokale Energiepolitik „zum Anfassen“.
Die zweite große Errungenschaft der Solarstiftung war die Bündelung der energiepolitischen Akteure in Ulm im Kuratorium der Stiftung: Damit wurde eine Kommunikationsplattform geschaffen, die einen direkten und unmittelbaren kommunikativen Austausch von Stadtpolitik, Wissenschaft und Energiewirtschaft mit- und untereinander etablierte. Nur dadurch konnte in gegenseitiger Befruchtung und informationellem Austausch die Stiftung in Verfolgung ihrer Ziele so effektiv wirken! Die Solarstiftung war damit auch eine konzertierte Aktion.
Heute sind die Rahmenbedingungen von Klimaschutz und Energiepolitik gänzlich andere. Auch kann sich das darauf gerichtete Handeln in den Kommunen auf breite gesellschaftliche Akzeptanz und Bewusstsein in der Bürgerschaft stützen; den „Hund – sprich: Bürger – zum Jagen zu tragen“ ist nicht mehr notwendig. Vielmehr geht es darum, ihm die Wege zu öffnen und es ihm leichter zu machen, sich einzubringen. Und dazu kann die positive Erfahrung der Solarstiftung hilfreich sein: die fachlich und politisch Beteiligten zusammenzubringen zu regelmäßigem Kontakt im gegenseitigen Austausch. Eine solche Plattform könnte ohne größeren bürokratischen Aufwand in Ulm und Neu-Ulm dem Klimaschutz durch regenerative Energieanwendung neuen zusätzlichen Schub verleihen.

Umsetzer der Netz-Infrastruktur
Dr. Tobias Mehlich
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm
Mit zu den wichtigsten Errungenschaften der Solarstiftung zählt das in der Region angekommene Thema „Smart Grids“. Damit werden die Chancen und Herausforderungen der Integration von Speichern für die Energiewende in Ulm untersucht. Insgesamt soll ein Großteil des Energiebedarfs durch eigene Solarstromanlagen gedeckt werden. Das Handwerk ist dabei Umsetzer oder Anbieter der Infrastruktur der Netze. Dieses wichtige Thema wird auch bei unserem Weiterbildungszentrum für innovative Energietechnologien (WBZU) verfolgt und entwickelt mit dem Projekt „Sichere Kommunikation in Smart Grids mit Prosumern in einem dezentralen regenerativen Energiesystem”.
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie die Erhöhung der Energieeffizienz sind zentral für das Gelingen der Energiewende. Dabei spielt das Handwerk eine entscheidende Rolle. Insbesondere Handwerksbetriebe der Bau-, Ausbau- und anlagentechnischen Gewerke führen als Multiplikator den Effizienzgedanken in die Gesellschaft hinein. Denn diese Handwerkerinnen und Handwerker tragen mit ihren Dienstleistungen unmittelbar zu diesem Ausbau bei. Zum anderen verbrauchen Handwerksbetriebe selbst Energie, deren Kosten durch einen effizienteren Energieeinsatz gesenkt werden können.
Handwerkerinnen und Handwerker bringen die neuesten Technologien auf die Dächer und in die Keller. ist als Bindeglied zwischen dem Kunden und der Forschung immer auf dem neuesten Stand der Technik.Damit versteht sich das Handwerk als Partner für Klimaschutz, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Verantwortung für die Gesellschaft und die Umwelt übernehmen – so gestaltet das Handwerk die Zukunft aktiv mit.

Grundstein gelegt
Max-Martin W. Deinhard
Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm
Durch das Engagement der Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm nimmt unsere Doppelstadt schon seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz ein. Mit ihrer Gründung vor 25 Jahren wurden die Rahmenbedingungen zur Nutzung erneuerbarer Energien geschaffen und somit der Grundstein für den Ausbau einer flächendeckenden Nutzung regenerativer Energien gelegt. Die IHK Ulm begrüßt das unermüdliche Engagement der Solarstiftung, Anbieter und Nutzer – sprich Wirtschaft und Verbraucher – mit ihren spannenden Angeboten an Aktionen und Projekten zu vernetzen und somit den Klimaschutz voranzutreiben. Ihre Erfolge sind schon seit Jahren weit über Ulm und Neu-Ulm hinaus bekannt. Sie ist seit vielen Jahren eine feste und wichtige Institution, die wir auch künftig gerne unterstützen werden.

Verständnis für Nachhaltigkeit gefördert
Klaus Eder
Geschäftsführer der SWU Stadtwerke Ulm / Neu-Ulm GmbH
Die Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm hat auf der regionalen Ebene eine wesentliche, nicht zu unterschätzende Rolle für die Zukunft der Energieversorgung gespielt. Das Stiftungskapital, das auch mit der tatkräftigen Hilfe der Stadtwerke zusammengetragen werden konnte, ermöglichte zahlreiche bürgernahe Projekte, die sich konsequent dem Ziel der klimaschonenden und effizienten Energiegewinnung verschreiben. Und dies schon seit einem Vierteljahrhundert, also lange vor Fukushima. Mit einigem Recht darf man die Solarstiftung als eine lokale Vorbotin der Energiewende bezeichnen. Die Stiftungsgelder waren und sind gut angelegt, sie sind ein Wechsel auf die Zukunft, in der wir weitgehend emissionsfrei und nachhaltig wirtschaften. Durch das Engagement der Stiftung hat sich Ulm immer wieder an die Spitze der so genannten Solarbundesliga gesetzt und weit über die Stadtgrenzen hinaus als nachhaltige Kommune auf sich aufmerksam gemacht. Die Solarstiftung wird fortwirken, denn nicht zuletzt hat sie in unserer Region auch das Verständnis für Nachhaltigkeit gefördert.

Noch zehn Jahre Zeit
Dr. Achim Bubenzer
war Rektor der Hochschule Ulm
Nutzung von Solarenergie ist der grundlegende Baustein für die große Transformation zur Energiewende und zur klimaneutralen Gesellschaft. Die Solarstiftung hat in 25 Jahren mit einem bunten Strauß an Maßnahmen die Nutzung der Solarenergie gefördert, für sie motiviert, sie hat Solarenergie anfassbar und sichtbar gemacht. Sie hat gezeigt, dass Solarenergie schön ist oder einfach Spaß macht. Schüler konnten selber Photovoltaikmodule in Modelle einbauen und erleben wie Solarenergie funktioniert, Studierende kamen in den Genuss einer von der Solarstiftung finanzierten Stiftungsprofessur an der Hochschule Ulm. Dadurch konnten Forschungsmittel und weitere Landesmittel im Sinne von Lehre und Forschung für solare, nachhaltige Energietechnik eingeworben werden. Tausende von Touristen und Ulmer Bürgern konnten vor der Ulmer Kulisse mit Hilfe der letztlich solaren Energie der Donauströmung auf der Gierfähre die Donau überqueren.
Die Solarstiftung hat in 25 Jahren etwas ganz Entscheidendes erreicht: Sie hat über die positive und konstruktive Botschaft der Solarenergie in der Region Ulm ein Stück politischen Willen geschaffen für die große Transformation zur klimaneutralen Gesellschaft.
Die Zeit der Pilot- und Demonstrationsprojekte für Solarenergienutzung ist allerdings vorbei. Es geht jetzt um klimawirksames Handeln. Die heute lebenden Menschen, vor allem die Handlungsträger in Politik und Wirtschaft, haben das in der Menschheitsgeschichte einmalige Privileg, die Lebensgrundlagen für unsere Kinder, Enkel und Urenkel sichern zu dürfen. Dafür haben wir jedoch nur noch etwa zehn Jahre Zeit. Zeit, um die Weichen zu klimaneutralem Wirtschaften zu stellen und uns rechtzeitig auf den Weg zum Pariser Klimaziel zu machen. Diese Botschaft mit allen Mitteln professioneller Kommunikation zu verbreiten, wäre die vornehmste Aufgabe für die Solarstiftung in den kommenden Jahren. Sie hat dabei zwei Verbündete an ihrer Seite, unsere Sonne und im Grunde auch die Ulmer Bürgerschaft, die schon vor über 500 Jahren in den Projekten des Großen Schwörbriefs und des Ulmer Münsters herausragenden politischen und technischen Weitblick gezeigt hat.

Dem Rest der Welt weit voraus
Prof. Dr. Werner Tillmetz
leitete von 2004 bis 2018 im Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) den Geschäftsbereich Elektrochemische Energietechnologien
„Das ist richtig toll, was die in Ulm alles machen“ – das war mein erster Eindruck, als ich im Jahr 2005 als Nicht-Ulmer immer mehr Aktivitäten und Akteure in Ulm kennenlernte, die sich mit vielen neuen Energiethemen beschäftigten. Zum Jahreswechsel 2004/2005 trat ich meine neue Stelle als Leiter des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) an. Zuvor war ich 20 Jahre in der Industrie weltweit zu Themen wie Brennstoffzellen, Batterien und Wasserstoff unterwegs. Doch von Ulm kannte ich bislang nur das ZSW. Schnell lernte ich die Mentalität der Ulmer kennen: „Mir schwätza ned, mir schaffe gloi“. Da war es umso hilfreicher, alle wichtigen Personen innerhalb der Solarstiftung an einem Tisch versammelt zu haben und deren Ideen zu verstehen.
Schon einige Jahre bevor ich nach Ulm kam, hatte das ZSW mit den Mitteln der Solarstiftung die erste Solarfähre mit Brennstoffzelle und Wasserstoff gebaut. Damit war Ulm – wieder einmal! – dem Rest der Welt weit voraus – nur kaum jemand wusste davon. Viele Jahre später – die Technologie hatte sich in der Zwischenzeit enorm weiterentwickelt – hatten wir den Bau einer modernen, größeren Fähre mit Wasserstoffantrieb geplant. Allerdings waren die Erträge der Solarstiftung aufgrund der niedrigen Zinsen zu gering geworden, um das Projekt realisieren zu können. Doch zum Glück kostet eine gute Kommunikation nur wenig, gut investierte Zeit: Ausgelöst durch die Diskussionen in den Kuratoriumssitzungen der Solarstiftung hatte Baubürgermeister Wetzig ein Treffen der Ulmer Akteure zur Elektromobilität initiiert. In den überaus produktiven Sitzungen hatten wir regelmäßig den Handlungsbedarf für Ulm analysiert. Leider ging genau zu dem Zeitpunkt, als dieser Handlungsbedarf akut wurde, Herr Wetzig in den Ruhestand und das Thema schlief ein. Sehr schade – denn inzwischen ist der Handlungsdruck zu den zahlreichen Themen der Elektromobilität in der Stadt enorm gestiegen. Da wäre es schön, den Pioniergeist der früheren Jahre wieder aufleben zu lassen. Denn gemeinsam mit den weltweit renommierten Forschern auf dem Eselsberg sollten die Technologien der Mobilität der Zukunft im Ulmer Alltag frühzeitig sichtbar werden.

Anschieber und Antreiber
Prof. Dipl.-Ing. Peter Obert
an der Fachhochschule Ulm
Gegen Ende der 1980er Jahre regte sich innerhalb der Ulmer Politik und Stadtverwaltung der Wunsch, der Solarenergie zum Einsatz zu verhelfen. An der Fachhochschule Ulm wurde im davor liegenden Jahrzehnt auf dem Gebiet der solaren Technologien gelehrt, geforscht und entwickelt, und damit sehr viel solares Wissen angehäuft. In Industrie und Handwerk waren die solaren Technologien weitgehend unbekannt und eher belächelt als ernst genommen. Mit ersten thermischen Solaranlagen zur Brauchwassererwärmung in großen Wohngebäuden am Poppenreuteweg 1991 und in der Heilmeyersteige 1994 wurden erste kommunale Erfahrungen gesammelt. Projektvorschläge und Projektbegleitung lieferte das 1988 an der FHU gegründete Steinbeis-Transferzentrum Energietechnik; der Gemeinderat machte Geld locker für Messprogramme und ließ sich im Fachbereichsausschuss „Stadtentwicklung und Umwelt“ regelmäßig über die Ergebnisse berichten. Auch wenn diese Einzelprojekte öffentliche Aufmerksamkeit erfuhren, so konnte damit weder Breitenwirkung erzielt, noch eigene Aktivität in der Stadtgesellschaft stimuliert werden. Es fehlte eine operative Einheit, die durch stetige Aktivität und Wissensvermittlung in die Stadtgesellschaft hineinwirkt und finanziell unabhängig von Haushaltsbeschlüssen agieren kann. Oberbürgermeister Ivo Gönner erfand und realisierte mit dem Gemeinderat die Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm, die sich sehr schnell zum verlässlichen Anschieber und Antreiber entwickelte.
Die Solarstiftung hat akademisches Wissen und Projektpartner zusammengebracht. Sie hat nicht nur die solaren Technologien, sondern den breiten Fächer nachhaltiger Energietechnologien von z.B. Architektur und Wärmedämmung bis hin zur Passivhaus-Technologie beworben und gefördert. Sie hat in Kooperation mit Versorgungsunternehmen, Planungsfirmen und Handwerk dazu beigetragen, dass nachhaltige Energietechnologien heute selbstverständlich einbezogen werden. Ein weiterer Verdienst: Jedes Kind weiß heute, dass Photovoltaik aus Sonnenlicht Strom macht.
Es war zu erwarten, dass die Solarstiftung nur einen Teil der Ulmer Bevölkerung und Unternehmen zu eigenen Investitionen in nachhaltige Energietechnologien motivieren kann. Nach etwa zwei Jahrzehnten hatten sich ihre Möglichkeiten, die Energiewende lokal und regional weiterzubringen, inhaltlich und finanziell erschöpft.
Die Energie der Sonne in all ihren Erscheinungsformen hat in den letzten Jahrzehnten ihren Anteil an der Energieversorgung weltweit stetig vergrößert. Wenn man diese Entwicklung geradlinig zu Ende denkt, so ist Sonnenenergie die einzig legitime und für immer verfügbare Energiequelle, die glücklicherweise in grandiosem Überfluss der Menschheit zur Verfügung steht. Um diese Energie zur rechten Zeit am rechten Ort nutzen zu können, steht die Energiewelt „grüner Wasserstoff“ in den Startlöchern. Vor 40 Jahren schon wurde diese beschrieben und im Detail wurde daran geforscht und entwickelt; in Politik und Wirtschaft wurde gezaudert und verhindert.
Die Solarstiftung als Anschieber und Antreiber existiert nicht mehr. Die Zukunft müssen nun andere, nicht allein engagierte Bürger, sondern vor allem die Unternehmen aller Branchen, gestalten. Stadt und Region Ulm sollten – als Vermächtnis der Solarstiftung – fordernd, aber auch helfend an der finalen Lösung „Wasserstoff“ mitwirken. Schließlich geht es um den Erhalt der Lebensgrundlagen auf dem (noch) wunderbaren Planeten Erde. Die zügige Abkehr von den fossilen Brennstoffen würde nicht nur das Klima schonen, sondern den Frieden in der Welt enorm fördern.

Wissen weitergeben
Dr. Markus Marquard
Geschäftsführer des ZAWiW, Universität Ulm
Im Arbeitskreis Solar am Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) der Universität Ulm arbeiten ältere Bürgerinnen und Bürger über Themen zum Bereich Erneuerbare Energien, insbesondere wie die von der Sonne auf die Erde abgestrahlte Energie in Zukunft intensiver genutzt werden kann. In kleinen Forschungsprojekten beschäftigt sich der AK mit der Umwandlung in elektrischen Strom, der Photovoltaik, der Erwärmung von Wasser, der Solarthermie, und der Windkraft.
Dabei ist es den Teilnehmenden ein wichtiges Anliegen, dieses Wissen auch an die nachwachsende Generation weiterzugeben. Gemeinsam mit der Solarstiftung und der Lokalen Agenda der Stadt Ulm sind so viele Projekte mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt worden, zudem sind vielfältige Materialien für die Bildungsarbeit, zum Beispiel der sogenannte Solarkoffer, entstanden.
Das Thema Nachhaltigkeit im Kontext der Digitalisierung ist eine Herausforderung für die Zukunft, bei der auch die erneuerbaren Energien und insbesondere Solarenergie eine wichtige Rolle einnehmen werden. Dazu sollen neue Forschungsvorhaben gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern im Sinne des Forschenden Lernens und der Bürgerwissenschaften vom ZAWiW initiiert und generationenübergreifend vermittelt werden. Damit wird auch die bisherige Arbeit der Solarstiftung weitergetragen. Für die langjährige gute Zusammenarbeit und die Impulse, die die Solarstiftung dabei gesetzt hat, sind wir sehr dankbar.

Den Menschen eine Orientierung geben
Siegfried Keppler
war von 1989 bis 2019 Ulmer Gemeinderat
Es war ein Glücksfall, dass sich in Ulm vor einem Vierteljahrhundert ein Personenkreis gefunden hat, der erkannte, dass die Nutzung von erneuerbaren Energien ein wichtiges Thema ist. Ulm zählte damals mit zu den ersten Städten, die ein Förderprogramm für solare Energien aufgelegt hatten. Obwohl zu dieser Zeit in Deutschland noch intensiv über flüssige und feste Brennstoffe sowie Kernenergienutzung nachgedacht wurde, war uns bewusst, dass die erneuerbaren Energien, darunter auch Biomasse und Wasserkraft, den Weg in die Zukunft bedeuten. Ulm wollte hier in Deutschland auch als Impulsgeber mit an der Spitze sein. Dazu benötigte man ein Forum der Information und des Austausches – dies war die Geburtsstunde der Solarstiftung. Wir waren uns einig, dass Ulm unter anderem mit seinen vielseitigen Bildungseinrichtungen, den gewerblichen Schulen, der damaligen Technischen Hochschule, der Universität und dem ZSW durchaus zu einer Modellregion werden kann. Es galt vor allem die Bevölkerung von der Nutzung erneuerbarer Energien zu überzeugen. Hier hat die Solarstiftung über all die Jahre hinweg gute Arbeit geleistet, insbesondere in den Bereichen Wärme- und Energieversorgung. Es ging darum, den Menschen in diesem langen Prozess der Umsetzung eine Orientierung zu geben und sie umfassend zu informieren.
Hierbei spielte auch die Lokalpolitik eine entscheidende Rolle. Bei jedem Beschluss eines Neubaus habe ich im Bauausschuss auf die Nutzung erneuerbarer Energien gedrängt. Ich ließ nicht locker, denn wir mussten in diesem Punkt einfach zügig vorankommen. Das war mein Ziel, denn der Ausbau der Sonnenenergie war mir seit jeher ein großes Anliegen. Bereits 1977 trat ich der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie bei und war hier im Präsidium auch bundesweit tätig. In Ulm gingen wir keiner Auseinandersetzung aus dem Weg und führten zum Beispiel mit den Befürwortern der Kernenergie zum Teil sehr emotionale Diskussionen. Aber es ist uns gelungen, dass wir durch die Solarstiftung und ihre Projekte das Thema ein großes Stück vorantreiben konnten. Das galt nicht nur für die Stadt, sondern auch für unsere Partnerschaften entlang der Donau. Ich erinnere mich, dass Solarenergie, Wasserstoff, Brennstoffzellen für Heizzwecke, Klimatisierung und Solarschiffe auch bei unseren Gesprächen in Ungarn wichtige Themen waren. Für die Zukunft gilt Versorgungssicherheit. Wir müssen die Techniken noch weiter verbessern und dezentrale Strukturen schaffen, sprich die Energie dort erzeugen, wo sie auch verbraucht wird. Ich bin überzeugt, dass auch bei der Energiespeicherung Fortschritte erzielt werden und damit für die Erneuerbaren noch größere Anwendungsbereiche erschlossen werden können. Die Stadt sollte hierbei auf jeden Fall weiterhin die Rolle des Impulsgebers einnehmen.

Kräftiger Rückenwind
Manfred Bächler
Solar-Unternehmer
Als ich im Spätsommer 1995 meine erste Solarfirma in Ulm gegründet habe, war die Solarenergie noch ganz am Anfang – wir wurden, wenn wir denn überhaupt wahrgenommen wurden, eher belächelt oder zumindest etwas skeptisch betrachtet. Es war ein, gerade in der Anfangszeit, weiter und beschwerlicher Weg nach oben, den wir meistern mussten. Und hier hat uns – zum Glück – die Solarstiftung immer wieder mal mit kräftig Rückenwind unterstützt. Nicht in dem Sinne, dass es darum ging, direkt von der Solarstiftung durch Aufträge zu profitieren. Nein, die Solarstiftung war für die frühen Akteure von immensem Wert zur Schaffung einer Basis zur Kommunikation – gerade auch in Zeiten als das Internet noch bei weitem nicht das vorherrschende Kommunikationsmedium war. Durch die damaligen Aktionen und Veranstaltungen der Solarstiftung kamen die Akteure der Solarenergie in direkten Kontakt mit anderen engagierten Menschen, potentiellen Anwendern und vor allem mit Entscheidungsträgern bei Firmen, Institutionen und in Verwaltungen. Ohne diese Kommunikationsebenen und den daraus resultierenden Rückenwind wären viele Entwicklungen im Solarbereich in Ulm / Neu-Ulm vielleicht nie entstanden oder zumindest langsamer verlaufen und die Region hätte sich nicht so schnell an die Spitze der Solar-Bundesliga setzen können. Es stehen uns im Rahmen der Energiewende und des Klimaschutzes in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sehr viele Herausforderungen und Veränderungen bevor, die vielen einiges abverlangen werden. Oft sind Sorgen und Befürchtungen durch fehlendes Wissen verursacht und bestärkt. Eine Situation, die mir aus der Anfangszeit der Solarenergie sehr vertraut vorkommt. Hier könnte und sollte sich die Stadt und die Region Um / Neu-Ulm auf die Stärken der Solarstiftung besinnen und wieder eine ähnliche Rolle und Wegbereiter-Funktion einnehmen.

Die Zukunft der Energiewende
Dr. Gerd Heilscher
Professor an der Technischen Hochschule Ulm
1995 waren in ganz Deutschland knapp 2.000 Solaranlagen installiert. Die Einspeisung von Solarstrom hatte offiziell Vorrang, aber das Energie-Einspeise-Gesetz (EEG) war noch nicht erfunden. Heute haben wir deutschlandweit ca. 1,8 Millionen dezentrale regenerative Energiesysteme. Mit Solar- und Windenergie lässt sich Geld verdienen. Deutschland nimmt den zweiten Anlauf zur Abschaltung der Kernkraftwerke und, berücksichtigt man die Umweltschäden, sind Kohlekraftwerke bereits heute nicht mehr rentabel. Die Transformation des Energiesystems steht aber erst am Anfang. Wie lässt sich in den nächsten 25 Jahren eine sichere und klimafreundliche Energieversorgung auf Basis regenerativer Energiequellen aufbauen? Einen Teil des neuen Energiesystems bilden die Prosumer – d.h. Haushalte und Firmen, die nicht nur Energie abnehmen, sondern mit ihren lokalen Solar-, Wind- und Biomasse-Kraftwerken auch Energie ins Netz einspeisen. Die Verteilnetze müssen aber erst fit gemacht werden, auch Energie von Prosumern aufzunehmen. Dafür brauchen die Stadtwerke mehr Information über die Energieflüsse in den Netzen und die Fähigkeit, Verbrauch und Einspeisung zu steuern. Die Stadtwerke werden deshalb auch zukünftig eine wichtige Position einnehmen. Für eine erfolgreiche Transformation müssen neue Energiemärkte aufgebaut werden. Lokale Märkte für Prosumer und Energieabnehmer, die Nutzung von unterschiedlichen Energiespeichern und der Aufbau von Handelsplätzen für flexible Lasten sind hierfür einige Beispiele. Das wichtigste Werkzeug dieser Transformation ist die Digitalisierung. Wir haben die Entwicklung digitaler Kommunikation in den letzten 25 Jahren miterlebt. Dies gibt uns eine Vorahnung auf die Veränderungen, die mit der Digitalisierung der Energiewende möglich werden. Eines, was wir in Ulm in den letzten 25 Jahren von den vielfältigen Aktionen der Solarstiftung gelernt haben, dürfen wir dabei nicht vergessen: die Bürger mitzunehmen.
Carpe diem

Peter Jäger
Geschäftsführer der Solarstiftung von 1995 bis 2014, über ein Ulmer Markenzeichen, die Fortführung eines Bildungsauftrags und die Unterstützung durch Ulmer Persönlichkeiten.
Auch in Ulm hat die Katastrophe von Tschernobyl die Diskussion über die Zukunft der Atomenergie und über mögliche Alternativen neu entfacht. Die Stadt hat mit der Einrichtung der Stelle eines Umweltbeauftragten, dem späteren Amt für Stadtökologie und Umweltplanung, darauf reagiert und einen pragmatischen Kurs eingeschlagen, der unabhängig von Ideologien oder politischen Standpunkten zu einem weitgehend einvernehmlichen Vorgehen in der Stadtgesellschaft geführt hat. Mit dem „Bericht zur Umweltentwicklung 1986“ hat sich die Stadt Ulm vom rein bewahrenden Umweltschutz verabschiedet und zur Umweltentwicklung bekannt. Der Beschluss des Gemeinderates zur Einführung eines städtischen Förderprogramms zur „Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien“ hat in Ulm die Energiewende auch für die Bürgerschaft eingeleitet. Der „Solarinitiative Ulm“ ist es ab 1995 gelungen, die Solar-Aktivitäten und die Solar-Akteure aus allen gesellschaftlichen Bereichen, aus Bildung, Forschung und Lehre, Planung, Handel und Handwerk in Ulm zusammenzuführen. Durch das Solarjahr 1996 und den Start der Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm wurde die ideelle und finanzielle Basis für eine langfristige, alle Lebensbereiche umfassende Entwicklung hin zur „Energiewende Ulm“ gelegt. Die Schwerpunkte der Solarstiftung waren von Beginn an: Information und Bildung.
Die Energiewende noch nicht geschafft
Ja, es ist viel erreicht worden in Ulm: Zahlreiche erste Plätze im Ranking der Großstädte in Deutschland, aber auch in der Europäischen Union, Preise von Eurosolar e.V., der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie u.a. belegen den Erfolg der Solarstiftung.
Nein: Die Energiewende ist auch in Ulm noch nicht geschafft! Die Voraussetzungen aber sind aufgrund der Impulse und Anschubfinanzierungen der Solarstiftung günstig und besser als in vergleichbaren Städten. Aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen beendet die Solarstiftung nun nach 25 Jahren ihr Engagement in der Breite. Eine Weiterführung wäre sicher wünschenswert gewesen, aber dennoch ist der Zeitpunkt „günstig“: Die Rahmenbedingungen haben sich erfreulich geändert, aber auch das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Notwendigkeit einer Energiewende hat sich deutlich verbessert.
Künftig beschränkt sich die Solarstiftung auf den Betrieb der Solarboot-Flotte, die ein sichtbares Zeichen dafür ist, wie in Ulm der Einsatz neuer Technologien und die Nutzung erneuerbarer Energien umgesetzt und präsentiert werden. Mit ihren Solarbooten wird die Solarstiftung ihren Bildungsauftrag auch weiterhin sichtbar leisten.
Respektvoller Dialog
Zentrales Anliegen der Solarstiftung war es, ein Netzwerk in der Ulmer Gesellschaft zu schaffen, das in der Lage war, Impulse zu geben und die jeweils gültigen Rahmenbedingungen konsequent zu nutzen. Dies ist gelungen durch die Unterstützung von Persönlichkeiten an den Schulen und Hochschulen, aus dem Handwerk, aber auch aus der Verwaltung und den städtischen Gesellschaften. Sie alle waren in diesen Umbruchzeiten bereit, hergebrachte Vorstellungen im respektvollen Dialog mit der Geschäftsführung der Solarstiftung zu ändern; vor allem aber durch meine Kolleginnen und Kollegen aus dem ehemaligen Amt für Stadtökologie und Umweltplanung, allen voran Franz Popp, die – in Personalunion – auch die Impulse der Solarstiftung mit Leidenschaft mitentwickelt haben.
Ohne das Engagement der sachkundigen und von der Notwendigkeit einer Energiewende überzeugten Vertreter der Gemeinderatsfraktionen, der Stadträte Siegfried Keppler, Martin Rivoir, Thomas Oelmayer und Reinhold Eichhorn, und ohne deren konstruktive Begleitung und parteiübergreifende Unterstützung wäre das Erreichte nicht möglich gewesen.
Bürgermeister Alexander Wetzig war eine stets kritische, aber treibende Kraft und immer bereit neue Wege zu gehen, um auch unkonventionelle Ideen zur Erreichung der Energiewende umzusetzen. Möglich wurden die Erfolge jedoch vor allem durch OB Ivo Gönner, der die „Solar-Idee“ früh aufgriff, mit in sein neues Amt einbrachte und stets beförderte. Er hat die „Solarstadt Ulm“ durch die Gründung der Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm entscheidend gefördert und zum „Ulmer Markenzeichen“ gemacht.
17. Juni 2019, 06:23 Uhr, Ulm
Von Carolin Stüwe