Heute – Zu neuen Ufern
Solarflotte
Solarboot „Neu-Ulm“
Sie lockt seit vielen Jahren Touristen wie Einheimische an die Donau. Die Solarflotte mit zwei Booten und einer Fähre ist und bleibt das sichtbarste Zeichen der Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm. Mit den beiden Solarbooten Ulm und Neu-Ulm und der Solarfähre kann man die Sonne auf dem Wasser so richtig genießen. Und das im Falle des Solarboots Neu-Ulm seit nun fast einem Vierteljahrhundert. Kein Wunder, dass man bei der Taufe des Solarboots RA 31 im Jahre 1996 in ihm auch eine wunderbare Möglichkeit sah, das Anliegen und die Ziele der Solarstiftung in die breite Öffentlichkeit zu bringen. Der Bootsbetrieb sollte darüber hinaus den Naherholungsraum Donau erlebbar machen und eine weitere Verbindung zwischen den Städten Ulm und Neu-Ulm herstellen.
Das Boot war der Prototyp einer inzwischen weltweit eingesetzten Solarbootflotte. Mit ihm wollte die Solarstiftung die innovative Technologie von Photovoltaik und Brennstoffzelle möglichst vielen Personen zugänglich machen. Die „Neu-Ulm“ wird über zwei Gleichstrommotoren angetrieben, die Akkus befinden sich unter Deck. Der Strom wird selbst produziert, zum einen über die Solarzellen auf dem Dach und zum anderen über Landstrom, der aus dem eigens hierfür errichteten Solarturm in der Friedrichsau gewonnen wird. Im Gegensatz zu Diesel- oder Benzinmotoren geben die hier verwendeten Elektromotoren keinerlei Schadstoffe ins Wasser ab. Durch eine Verlängerung der beiden Rümpfe um je einen Meter konnte die Anzahl der Fahrgäste vor einigen Jahren erhöht werden, so dass nun 15 Personen Platz finden.
Das Solarboot wurde über mehrere Jahre hinweg mit einer Brennstoffzelle betrieben, die vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) entwickelt wurde. Diese wurde durch eine Wasserstoff-Druckflasche gespeist, die neben dem Schwimmer des Bootes angebracht war. Die Reichweite des Bootes betrug etwa 85 Kilometer – und das ohne Ausstoß giftiger Abgase. Denn bei der Umwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie entsteht lediglich reines Wasser. Außerdem besitzen die Brennstoffzellen im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren einen höheren Wirkungsgrad. Das Solarboot verfügte nunmehr über zwei „saubere“ elektrische Energiequellen: Ein Photovoltaik- und ein Brennstoffzellensystem.
Solarboot „Ulm“
Die Nachfrage von Schulen und Vereinen nach Touren auf der Donau war so groß, dass seit 2015 auch das Solarboot „Ulm“ auf dem Fluss unterwegs ist. Es ist etwas länger und breiter als sein Schwesterschiff und kann bis zu 20 Passagiere befördern. Wie bei modernen Elektroautos werden 16 Lithium-Ionen-Akkumulatoren mit hoher Energiedichte verwendet, die 320 Amperestunden (Ah) liefern. Im Gegensatz zur „Neu-Ulm“ verfügt die „Ulm“ nicht über Gleichstrom-, sondern über Drehstrommotoren, die über einen Frequenzumrichter gesteuert werden. Die Steuerung übernehmen – statt eines Ruders – Schiffsschrauben, die sich in die Fahrtrichtung stellen und so Energie sparen. Die Verbindung zum Steuerrad erfolgt wie bei einem Flugzeug rein elektronisch. Die beiden Solarboote verkehren von Mai bis Oktober zwischen den Haltestellen Metzgerturm, Adlerbastei und der ehemaligen Gaststätte Barfüßer in Neu-Ulm. Zu Sonderfahrten kann auch der Stopp in der Friedrichsau angesteuert werden. Während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 musste der Betrieb aus Sicherheitsgründen leider eingestellt werden. Vereinzelt waren jedoch Sondertouren mit einer begrenzten Anzahl von Fahrgästen möglich.
Solarfähre – die dritte im Bunde
Mit der Solarfähre setzte die Solarstiftung eine jahrhundertalte Tradition, das Befahren auf der Donau mit Zillen, fort. Die 2004 in Betrieb genommene Fähre nutzt die Wasserkraft zur Fortbewegung. Bei dem Bootskörper handelt es sich um eine zehn Meter lange Breitstockzille, deren größte Breite etwa 2,20 Meter beträgt. Durch den geringen Tiefgang von nur 15 Zentimetern kann man die Fähre auch bei niedrigen Wasserständen und hoher Kiesanschwemmung einsetzen. Bewegt wird sie durch die Strömung der Donau. Um die Fahrtrichtung zu ändern, stellt der Fährmann den Bügel um und bringt die Fähre in die gewünschte Position. Die Fähre selbst wird über ein 70 Meter langes Zugseil von dem rund 100 Meter langen Tragseil gehalten und ist mit diesem über einen Laufwagen verbunden. Die Bordelektrik für die Lenzpumpen, das Toplicht und das Signalhorn wird von Batterien gespeist, die von einer Photovoltaik-Anlage aufgeladen werden.
Bei Dunkelheit besitzt die Solarfähre, die auf Höhe des Neu-Ulmer Edwin-Scharff-Hauses und der Ulmer Wilhelmshöhe im Fischerviertel hin und her pendelt, ihr ganz eigenes Flair. Dafür sorgt eine LED-Beleuchtung, die die Bordaußenwand ziert.
Technische Daten
SOLARBOOT „NEU-ULM“ | SOLARBOOT „ULM“ | |
Personenzahl | 15 | 20 |
Länge | 9,40 m | 10 m |
Breite | 2,70 m | 3,07 m |
Tiefgang | 55 cm | 40 cm |
Gesamtgewicht | ca. 2,2 t | 5,1 t |
Solargenerator | 21 Solarfolienmodule mit je 53 Wp | 2 Solarmodule mit je 150 Wp |
Kapazität der Batterien | 80 Ah | 80 Ah |
Gesamtkapazität | 320 Ah | 320 Ah |
Batteriespannung | 48 V | 48 V |
Antrieb | 2 Gleichstrommotoren (je 3,42 kW Leistungsabgabe) | 2 Drehstrommotoren (je 4,3 kW Leistungsabgabe) |
Fahrleistung | max. 13,5 km / h | max. 13,5 km / h |
Solargeschwindigkeit | 6 km / h | 6 km / h |
Reichweite | 100 Kilometer | 100 Kilometer |
Fahrdauer | ca. 20 Stunden | ca. 20 Stunden |
Solarbootsführer mit Leib und Seele
Gerhard Schmid ist auf der Donau zuhause. Er ist an der Donau aufgewachsen, hat bei der Eisenbahnbrücke Schwimmen gelernt und ist mit einem Freund mit 17 Jahren in einem Faltboot bis nach Wien gepaddelt. Auch heute noch wohnt Gerhard Schmid am Ufer des Ulmer Flusses, auf dem er ebenso wie in seiner Wohnung in der Berblingerstraße zuhause ist. Genauer gesagt: auf einem der beiden Solarboote der Solarstiftung. Allein 180 Stunden verbrachte der 66-Jährige im vergangenen Jahr auf der Donau und hat dabei Einheimische und Touristen aus aller Herren Länder über 2.000 Kilometer weit gefahren. Neben den interessanten Details zur Technik der Solarboote erfahren die Gäste von ihm jederzeit unterhaltsame Geschichten rund um die Stadt. Während der sanften Wellenfahrten zeigt er ihnen unter anderem das Haus, in dem Herbert von Karajan einst für fünf Jahre gewohnt hat, und erklärt jedem, der es noch nicht wissen sollte, dass das Münster nach wie vor den höchsten Kirchturm der Welt besitzt: „Vor allem die echten Ulmer können das nicht oft genug hören.“ So richtig stolz ist Gerhard Schmid jedoch auf „seine“ Donau. Daran änderte auch der Anruf eines von ihm beauftragten österreichischen Spediteurs nicht, der ihn vor ein paar Jahren von seinem Lkw aus nach seiner Adresse fragte. Auf die Frage Schmids, wo er denn bereits sei, antwortete der Wiener, dass er bereits das Maritim-Hotel sehen könne und soeben über einen Nebenarm der Donau fahre. Gerhard Schmid antwortete: „Das ist kein Nebenarm, das ist die Donau selbst.“ Die Antwort aus dem Lkw-Führerhaus kam prompt: „Wos, des is doch bloss a Bacherl.“ Angefangen hat der Bootsführer mit Leib und Seele im Jahr 2004 auf der Solarfähre. Zehn Jahr später übernahm der Besitzer eines Sportbootführerscheins dann das Steuer der Solarboote. Das hierfür erforderliche Bodensee-Schifferpatent hatte der ehemalige Finanzbeamte nach einer fehlerfreien Prüfung schnell in der Tasche. Und auch die Zusatzprüfung, das Fahren einer Acht auf der Donau, um bei einem möglichen Manöver „Mann über Bord“ schnell Hilfe leisten zu können, bestand er mit Bravour. Leider hat das Corona-Virus ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn die Solarboote durften 2020 wegen der Pandemie nur gelegentlich zu Sonderfahren ablegen. Nun hofft er, dass es 2021 wieder besser und es wieder ganz oft heißen wird: Leinen los für die Fahrt mit dem Solarboot. Auf seinem geliebten „Bacherl“.
Sonnenfeld und ENERGON
Die Welt schaut auf Ulm
Das vorrangige Ziel der Energiepolitik der Städte Ulm und Neu-Ulm war es Energie einzusparen. Haus für Haus. Wohnung für Wohnung. Deshalb hat der Ulmer Gemeinderat bereits 1996 einen verbesserten Wärmeschutzstandard für Neubauten beschlossen und die Stadtverwaltung daraufhin ein Modellprojekt einer energiesparenden Siedlung an der Eselsberger Cartesiusstraße entwickelt.
So etwas gab es in ganz Deutschland noch nicht und für Peter Jäger gab die Solarstiftung gar die Initialzündung für die Passivhaus-Siedlung „Im Sonnenfeld“: „Dadurch, dass wir mit dem Bauvorhaben zu einem dezentralen Projekt der Expo 2000 in Hannover wurden, genossen wir auf einmal das Ansehen einer breiten Öffentlichkeit in der ganzen Welt“, so der Geschäftsführer der Solarstiftung. Es war ein bedeutender Schritt, um bislang skeptische oder zurückhaltende Bauherren und Bauträger vom System der Passivhaus-bauweise zu überzeugen.
Passiv denken und aktiv handeln
Die Solarstiftung hat diese innovative Zielsetzung der Ulmer Verwaltung aufgegriffen und in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Transferzentrum Ulm und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Stuttgart die Ausarbeitung eines vergleichenden Energiekonzepts in Auftrag gegeben. Denn es galt, die angestrebte Effizienz zu überprüfen. Ebenso im Vorfeld gelang es ihr durch praxisnahe Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Ulm, zahlreiche Handwerker über integrierte Energiesysteme zu informieren und anzuregen, ebenso passiv zu denken und aktiv zu handeln.
Die Solarstiftung, die so am Konzept der damals größten Passivhaussiedlung in Deutschland mitwirkte, unterstützte auch noch während der Bauphase mit Beratungen, Führungen durch die Siedlung und bis zu 120 Vorträgen. Insgesamt konnten im eigens errichteten Visitor Center rund 10.000 interessierte Gäste begrüßt werden.
Ein lückenloser Gewinn
Ein Sprichwort sagt: Einfachheit ist die größte Form der Raffinesse. Dies kann man mit gutem Gewissen 1:1 auf das Projekt am Eselsberg übertragen. Denn das Prinzip der Passivhausbauweise ist so clever wie simpel: Dabei handelt es sich um ein Gebäude, welches aufgrund seiner guten Wärmedämmung kein klassisches Heizsystem benötigt. Die Isolation der Wände, Fenster, Böden und des Daches verhindert Wärmeverlust, „passive“ Quellen dienen als Wärmespender. Dies ist zum Beispiel die Abstrahlwärme der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der verwendeten Haushaltsgeräte wie Kaffeemaschine oder Fernseher. Ein in der Tat lückenloser Gewinn, denn ein wesentliches Konstruktionsmerkmal des Passivhauses ist die luftdichte Gebäudehülle.
Fest seht: Mit ihrem umfassenden Engagement und der Akzeptanz-Kampagne zum Thema „Passivhaus“ im Rahmen der Weltausstellung konnte die Solarstiftung erstmals nicht nur in großem Umfang Bürgerinnen, Bürger, Bauherren, Planer und Entscheidungsträger aus der Region erreichen und ihre Ziele vermitteln, sondern die Idee in der Region manifestieren und etablieren. Neben der Motivation, aus verschiedenen architektonischen Ansätzen echte Passivhäuser entstehen zu lassen, war es der nachhaltige Ansatz, bei der Planung und beim Bau der Mehr- und Einfamilienhäuser möglichst viel Know-how zu energiesparendem Bauen in der Region zu verankern. Und so gab es „Im Sonnenfeld“, an dessen Rand auch ein städtischer Kindergarten in Passivhausbauweise steht, auch nachdem die Expo ihre großen Pforten geschlossen hatte, weiterhin eine Vielzahl an Multiplikatoren, um gewerbliche und private Bauherren zur Errichtung von Passivhäusern anzuregen.
Noch heute ist der Solarbaum, der zweite Preis des Ideen-Wettbewerbs „Solar besonnen ins nächste Jahrtausend“, ein sichtbarer Beweis für dieses bundesweit einzigartige Projekt.
Das weltweit größte Passivbürohaus
Fährt man auf dem Berliner Ring weiter Richtung Norden, taucht rechts schon sehr bald das Energon auf, das in enger Verbindung zur Sonnenfeld-Siedlung auch schon Blicke aus der ganze Welt anzog. Fakt ist, dass in Ulm nicht nur der höchste Kirchturm auf Gottes Erden steht, sondern im Oktober 2002 auch das weltweit größte und qualitätsgeprüfte Passivbürohaus der Welt eröffnet wurde. Etwa 420 Angestellte, zum Beispiel aus der Softwarebranche, haben hier auf 7.000 Quadratmetern Platz. Um eine optimale Sonneneinstrahlung nutzen zu können, wurde für den Standort ein schattenloser Ort am Südhang des Science Park II auf dem Oberen Eselsberg gewählt. Der Grundriss der symmetrischen, fünfgeschossigen Stahlbeton-Skelettkonstruktion ähnelt der Form eines Wankelmotor-Kolbens.
Solardorf Ermingen
Leuchtende Solargräser
In Ermingen reckt man sich schon lange der Sonne entgegen. Die neun Meter hohen, aus Edelstahl gefertigten Solargräser am Ortsteich in der Waldstraße sind drei federnde Zeugen aus der Zeit der Solarstiftung. Und sie sind – gemeinsam mit unzähligen PV-Anlagen auf den Dächern des Ulmer Stadtteils – auch heute noch ein sichtbarer Beweis dafür, dass man sich hier tatkräftig für die Solarenergie eingesetzt hat und noch immer einsetzt. Auf Anregung aus der Ortschaft wurde durch die Solarstiftung hier vor 20 Jahren bereits ein Konzept für eine Akzeptanz-Kampagne zur Nutzung erneuerbarer Energien entwickelt. Folgende Bausteine waren integriert: Einführung von Solartouren, Durchführung von Veranstaltungen zur Energieeinsparung, die Organisation einer Einkaufsgemeinschaft für PV-Anlagen durch Erminger Bürgerinnen und Bürger sowie die Installation eines Solarkunstwerks. Gesteuert wurde dies durch den Arbeitskreis „Ermingen Solar“, der von den Mitgliedern des Ortschaftsrates konstruktiv unterstützt wurde.
Die meisten Sonnenstunden
Schnell verdiente sich Ermingen den Titel Solardorf. Zählte man zu den Anfängen der Solarstiftung nur etwa drei PV- Anlagen auf den Dächern, so wurden es nach einem Aufruf durch die Ortsverwaltung sehr schnell über 20 Häuslesbesitzer, die diese Technik nutzen wollten. Die Solarmodule brachten in einem Jahr rund 150.000 Kilowattstunden Elektrizität – gut ein Zehntel des privaten Stromverbrauchs von Ermingen. Und es wurden immer mehr. Kein Wunder, schließlich gilt Ermingen als der Ortsteil, der am meisten Sonnenstunden im Jahr hat. Im Jahr 2007 startete hier die erste geführte Solartour, die die Gäste – zumeist Vereine oder Schulklassen – an verschiedene Orte führte. Spezielle Solarwürfel vor den Gebäuden machten auf die jeweilige Nutzung der Solarenergie aufmerksam. So kam man unter anderem am Sportheim des Rad- und Sportvereins Ermingen vorbei, dessen Dach mit Solarmodulen bedeckt ist. Eine weitere Anlaufstelle war ein Bauernhof im Teilort Schaffelkingen, der mit Hackschnitzeln heizt und Solarzellen auf dem Dach hat. Und vom auf einer Anhöhe gelegenen Sonnwendplatz aus hatte man die beste Sicht auf das Dächermeer des Orts, auf dem Hunderte von PV-Modulen in der Sonne funkelten. Dies tun sie auch heute noch. Und die Solargräser? Sie nutzen die am Tag gesammelte Sonnenergie, um in der Dunkelheit zu leuchten.
Solarschulen
„Strom von der Sonne macht Spaß“
„Wer mit 15 Jahren eine Photovoltaikanlage selbst montiert hat, wird mit 30 nicht sagen, das kann nicht funktionieren. Und ich glaube, dass es das ist, was wir auf einer breiten Basis bewegen müssen und können: Dass nämlich möglichst vielen im wahrsten Sinne ein Licht aufgeht: Sonnenenergie, das funktioniert“, so wird Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner im Jahr 1996 in der Zeitschrift des Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) zitiert. Und so hat die Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm auch die Schülerinnen und Schüler des Neu-Ulmer Bertha-von-Suttner- Gymnasiums beflügelt. Ihr ehrgeiziges Ziel hieß im Jahr 2000: Wir wollen Solarschule werden. Damit sollten die Schulgemeinschaft und deren Eltern motiviert werden, für eine solare Energiewende einzutreten. Die Behandlung des Themas der regenerativen Energienutzung wurde in Form einer Solarenergie AG umgesetzt. Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Jahrgangsstufen erlernten den spielerischen Umgang zum Beispiel durch eine Exkursion zum Walchensee-Kraftwerk, den Besuch einer Windkraftanlage im Allgäu und durch das Basteln eines Solarradlers. In der Oberstufe wurde der Bereich unter anderem mit Facharbeiten behandelt. Von Beginn an ging es – ganz im Sinne der Solarstiftung – im Schulzentrum an der Heerstraße zwischen Pfuhl und Burlafingen nicht darum, solare Technik vorzuführen, sondern die Menschen emotional dafür zu gewinnen. Aus diesem Grund planten die Mitglieder des Solarteams der Energie AG unter der Projektleitung von Oberstudienrätin Margit Fluch den Bau eines Solarhauses, das man noch heute besichtigen kann. Das Motto lautete: „Strom von der Sonne macht Spaß“. Gefördert wurde es unter anderem aus Geldern der Solarstiftung. Die Photovoltaik-Anlage mit zwölf Solarmodulen wurde auf einer Holzständerkonstruktion montiert. Der größte Teil davon war ans Netz gekoppelt, zwei Module waren elektrisch davon getrennt, so dass sie zu verschiedenen Versuchszwecken verwendet werden konnten.
Auf der grünen Wiese statt auf dem Dach
Dazu gehörte ein Laptop, auf dem die Messdaten visualisiert wurden, sowie eine Anzeigetafel, auf der die vom netzgekoppelten Teil geerntete Energie angezeigt wurde. Der Bau der Anlage war ein Unterrichtsprojekt, bei dem die Schülerinnen und Schüler unter fachlicher Betreuung der Fachhochschule Ulm, Abteilung Energietechnik, soweit wie möglich an der Planung, der Errichtung und der Inbetriebnahme des Solarhauses beteiligt wurden. Ziel war es, die PV-Anlage nicht aufs Schuldach zu verbannen, sondern für alle Schülerinnen und Schüler sichtbar auf der grünen Wiese auf dem Schulgelände neben einem Biotop zu errichten. Sie sollte beileibe nicht nur Energie ins Netz einspeisen, sondern auch Versuche im Physikunterricht ermöglichen. Ein weiterer Vorteil: Auch Solarkocher, Tische und Bänke konnten im Solarhaus untergebracht werden. Für Ihre Arbeiten wurde das Solarteam mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Es durfte ihre Projekte unter anderem auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung auch auf der Berliner Weltmesse für erneuerbare Energie, der „Solar Energy 2001“, präsentieren. Übrigens: Auch das anfangs erwähnte Ziel wurde erreicht. Im Jahr 2001 wurde das Bertha-von-Suttner-Gymnasium zur ersten Solarschule in Bayern ernannt.
Das Solarhaus des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums ist noch heute ein sichtbarer Beweis für das große Engagement der Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Solarstiftung.
Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Schule
Die Zusammenarbeit der Robert-Bosch-Schule (RBS) mit der Solarstiftung Ulm begann 1996 unter dem Motto „Sonnige Zeiten für Ulmer Schulen“. Nachdem ich, Gerhard Karrer, Lehrer für Energietechnik, die Koordination „Photovoltaik“ übernommen hatte, herrschte eine Aufbruchstimmung. Die erste von sieben Schul-PV-Anlagen wurde auf das Dach der RBS Ulm montiert. Eine großflächige Dokumentationstafel rundete dieses Leuchtturmprojekt ab. Viele Nachfolgeprojekte folgten in den nächsten 20 Jahren. Großes Aufsehen erregte unser gelber „Solarradler“, am Schulgebäude montiert, der selbstständig losradelte, wenn das Modul von der Sonne bestrahlt wurde. Diese ureigene RBS-Idee bauten wir auf Nachfrage der Solarstiftung mit zwei Radlern an die Ost- bzw. West-Seite der gelben Expo- 2000-Informations-Container. Eindrucksvoll war, dass zu Sonnenaufgang nur der Ost-Radler scheinbar seine Runden zog und zu Sonnenuntergang nur der West-Radler, zur Mittagszeit aber waren beide aktiv. Mein Kollege Peter Althoff und ich erstellten Schüler-Kurse: „Energie und Umwelt“, „Grundlagen der Solartechnik“ und „Technik der Photovoltaik“. Danach entwickelten wir einen Praxiskoffer mit Experimenten, den „Ulmer Photovoltaik- Experimentier-Koffer“. In 14 Kapiteln erklärten wir die naturwissenschaftlichen Grundlagen, die Funktionsweise und praktische Messungen mit Berechnungen. Die von uns gebauten Koffer waren ein unglaublicher Erfolg, wir kooperierten mit Schulen in Griechenland, Slowenien, Äthiopien, Marokko und Korea. Der Höhepunkt aber war die Einbindung in das „Comenius“ Projekt der EU „Die Sonne und die Donau“. Wir arbeiteten federführend mit neun beruflichen Schulen aus sieben Donauländern zum Thema erneuerbare Energien. Die Kurse zu den Experimentier-Koffern wurden in alle Sprachen der Donau übersetzt. Jede Schule konnte mit fünf Experimentier-Koffern arbeiten. Aber auch in Ulm war die Nachfrage groß. Alle diese Erfolgsgeschichten der Förderung von erneuerbaren Energien konnten wir nur in Zusammenarbeit mit Unterstützung der Solarstiftung Ulm erreichen.
Großes Aufsehen erregte unser gelber „Solarradler“
Solarkirchen
Lukas-Kirche – Gotteshaus mit Südseite
Auch die evangelische Lukas-Gemeinde auf dem Eselsberg wollte zur Entlastung der Umwelt beitragen und Verantwortung gegenüber der Schöpfung übernehmen. Mit der Photovoltaik-Anlage an der Südseite des Gotteshauses, 20 Quadratmeter groß, war dies gelungen. Trotz der geringen Neigung der Anlage war ein jährlicher Energie-ertrag von etwa 1.600 kWh vorgesehen. Die Anlage wurde aus Eigenmitteln, Zuschüssen und Spenden finanziert.
Energie vom Himmel
Arbeiten, wohnen und beten – ganz ohne die Luft mit dem Klimagas Kohlendioxid zusätzlich zu belasten. Funktioniert das? Diese Frage beschäftigte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des katholischen Gemeindezentrums „Zum Guten Hirten“ in Böfingen, für das die Solarstiftung ein Energiekonzept erstellen ließ.
Energie vom Himmel. Fachvorträge verrieten damals: Das ist eigentlich kinderleicht. Auf jeden Fall technisch machbar. Trotzdem hatten einige Gemeindebeschäftigte zunächst Zweifel, ob sich tatsächlich alles so sparsam einstellen würde, wie es die Fachleute nach einer energetischen Altbausanierung des Guten Hirten im Jahr 2004 vorhergesagt hatten. Die Solarstiftung stand bei dem ausgerufenen Wettbewerb zur ökologischen Bestandsentwicklung beratend zur Seite.
Menschliche Neugier, die fachliche Schulung der Nutzer und modernste Technik machten es schließlich aber doch möglich. Das Gemeindezentrum Guter Hirte Böfingen verbraucht nach den Maßnahmen nur noch 45 Prozent der Energie als vor der energetischen Sanierung. Und das half: Gute Dämmung, natürliches Licht zum richtigen Zeitpunkt und das elektrische Licht ausschalten, wenn‘s schon hell ist. So einfach ist es manchmal. Zwar erwies es sich anfangs als schwierig, die Steuerungs-Kästchen an den Wänden richtig zu bedienen, doch auch dieses Problemchen wurde gelöst. Als sichtbares Zeichen für das Engagement der Kirchengemeinde wurden in Zusammenarbeit mit der Solarstiftung auf dem Kirchplatz drei Solarpylone aufgestellt. Sie sind noch heute auf dem Freigelände des Gemeinde-Kindergartens zu sehen.
Neue Akzente Die Solarstiftung wird zur Verbrauchsstiftung
Neue Akzente
Die Solarstiftung wurde 2015 zur Verbrauchsstiftung. Bei der nun stattfindenden Auswahl von Vorhaben zur Förderung nachhaltiger Projekte im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz wurde großer Wert auf den konkreten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger gelegt.
Das zentrale Ziel der Solarstiftung war seit jeher die Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Nutzung erneuerbarer Energien in der Region Ulm / Neu-Ulm. Dafür hat sie ein Netzwerk zwischen Anbietern und Nachfragern geschaffen, mit dem Zweck, das vorhandene Know-how optimal zu nutzen. 2014 orientierte sich das Kuratorium neu und beschloss die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung, um neue Akzente jenseits der Photovoltaik zu setzen. Als Projektträger wurde der Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) e.V. auserkoren, der von 2015 bis 2019 in einem Wettbewerbsverfahren 15 spannende Projekte in ganz unterschiedlichen Feldern zur Förderung ausgewählt hat. „Bei der Auswahl stand immer auch die praxisorientierte Anwendung und der konkrete Mehrwert für die Ulmer Bürgerschaft im Mittelpunkt, reine Grundlagenforschung wurde nicht gefördert“, so Prof. Dr. Martin Müller, Vorsitzender des unw.
Folgende Projekte wurden gefördert
NETCHECK-PV – NETzverträgliChes Heizen und Kühlen mit PV-Strom
(Laufzeit 2015 – 2017)
Ziel des Projektes war es, die Auswirkungen einer gezielten Nutzung und Speicherung von Solarstrom zur Wärme- und Kältegewinnung an einem realen Gebäude zu untersuchen. Die Projektleitung hatte die Technische Hochschule Ulm (THU).
VuNdieRd – Versorgungssicherheit und Netzstabilität durch intelligente Regelung dezentraler Anlagen in Ulm
(Laufzeit 2015 – 2016)
Ziel war die Ermittlung von dezentralen Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie das Erarbeiten einer technischen Datengrundlage für einen Verbund in einem virtuellen Kraftwerk in Ulm. Dabei wurden technische und wirtschaftliche Aspekte bei der Regelung beachtet. Projektleiter war die Technische Hochschule Ulm (THU).
Veranstaltungsreihe – Plattform E-Mobilität I + II
(Laufzeit 2015 – 2019)
Die beiden Projekte boten eine Möglichkeit für Ulm, die Anzahl der an Elektromobilität Interessierten stetig wachsen zu lassen, in dem deren Berührungsängste abgebaut wurden.
Durch eine wachsende Zahl an E-Autos auf den Straßen sollen auch die CO2-Einsparungen in der Region erhöht werden. Automechaniker, Autohändler, Autofahrer und Forscher sollten bei Fachvorträgen und Probefahrten zusammengebracht werden, um eine solide Wissensbasis zu schaffen. Die Projektleitung hatte das WBZU Berufsbildungs- und Technologiezentrum gBgA.
Energie erleben – Klimaschutz & Energie in Kindertagesstätten
(Laufzeit 2015 – 2019)
Durch verschiedene Denkanstöße und mit altersgemäßen Arbeitsmitteln sollte Kindergartenkindern spielerisch beigebracht werden, mit Wärme, Strom und Wasser sorgsam umzugehen. Die Projektleitung hatte die Regionale Energieagentur Ulm gGmbH (REA Ulm).
energietour.ulm – eine Weiterentwicklung des EnergieTag Ulm
(Laufzeit 2015 – 2017)
Ziel war die Umgestaltung und Einführung eines neuen Nutzungs- und Kommunikationskonzepts für den EnergieTag Ulm. Damit sollten weitere, bisher unerschlossene Gesellschaftsgruppen für Energiethemen begeistert werden und eine dauerhafte Etablierung von Energie- und Klimaschutzangeboten in der Region erreicht werden. Projektleitung: Hochschule für angewandte Wissenschaften Neu-Ulm (HNU).
Einrichtung eines modernen PV- und Speicherlabors am Weiterbildungszentrum für innovative Energietechnologien der Handwerkskammer Ulm (WBZU)
(Laufzeit 2016 – 2019)
Bei diesem Projekt ging es darum, herstellerneutrale Informationen über die Möglichkeiten innovativer Energietechnologien zu erarbeiten, Hemmnisse bei den Anwendungen zu beseitigen sowie die Fortführung der Schulungen durch das WBZU nach der Förderphase zu erreichen. Projektleitung: WBZU Berufsbildungs- und Technologiezentrum gBgA.
Bau von Lastenfahrrädern
(Laufzeit 2016 – 2018)
Das Projekt beinhaltete mehrtägige Workshops, bei denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Schrotträder zu nutzbaren Lastenrädern umbauten. Diese ermöglichen emissionsfreie, innerstädtische Transporte von Lasten bis zu 200 Kilogramm. Das WBZU Berufsbildungs- und Technologiezentrum gBgA hatte die Projektleitung.
Brennstoffzellen für kommunale Anwendungen
(Laufzeit 2016 – 2018)
Ziel des Projektes war die Entwicklung eines Konzepts für die Brennstoffzellen-gestützte Energieversorgung im Gartenbau und für andere Anwendungen im Bereich der Kleintraktion mit Anpassung auf den realen Energiebedarf. Antragsteller war das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- Forschung Ulm (ZSW).
WPBATSYS-PV – Monitoring eines Einfamilienhauses (KfW-Effizienzhaus 40)
(Laufzeit 2016 – 2018)
Ziel war die Validierung des Netto-Nullenergiehaus-Ansatzes der Stadt Ulm. Die Aufgabe bestand aus dem Monitoring eines hochgedämmten Einfamilienhauses, das mit Luftwärmepumpe, PV-Anlage, Hausautomation zur Anlagenoptimierung und Akku-Batteriespeicherung ausgestattet war. Projektleitung: Technische Hochschule Ulm (THU).
AxIOME BAR – Moderne Heizsysteme im Neubau – Anwendungsorientierte Informationen für Planung und Betrieb
(Laufzeit 2017 – 2019)
In diesem Projekt wurden objektive und unabhängige Informationen aufbereitet und zur Verfügung gestellt über den Betrieb von Heizungssystemen in modernen Wohngebäuden. Zum Beispiel ging es um die Kombination von Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und Smart-Home-Technologien. Zur Zielgruppe gehörten Bauherren, Energieberater, Handwerker, Auszubildende, Studierende sowie die Schüler- und Bürgerschaft der Städte Ulm und Neu-Ulm. Projektleitung: Verein der Freunde und Förderer der Robert-Bosch-Schule Ulm e.V..
Quartierspeicher
(Laufzeit 2017 – 2019)
Im Hinblick auf die Energiewende in Ulm ging es in diesem Projekt um die Untersuchung von Chancen und Herausforderungen der Integration von Quartierspeichern als Alternative zu Heimspeichern. Die Projektleitung hatte das Institut für Energie- und Antriebstechnik an der Technischen Hochschule Ulm (THU).
Gemeinsam Mobil II – Miteinander fahren und das Verkehrsaufkommen in der Region reduzieren
(Laufzeit 2018 – 2019)
Im Rahmen eines Reallabors sollte ein Carpooling-Portal im Testfeld der Hochschule Neu-Ulm erprobt werden. Ziel war es, Erkenntnisse über Akzeptanzprobleme, Barrieren und Hemmnisse bei der Nutzung von Mitfahrzentralen in unterschiedlichen Nutzerkreisen zu gewinnen. Projektleitung: Hochschule Neu-Ulm (HNU).
Projekthaus Ulm – Sektorkopplung mit Elektromobilität
(Laufzeit 2019)
Ziel war es, objektive und unabhängige Informationen über den Betrieb von Elektroautos und der Ladeinfrastruktur in Kombination mit einer PV-Anlage in modernen Wohngebäuden für verschiedene Zielgruppen zu gewinnen und zur Verfügung zu stellen. Projektleitung: Verein der Freunde und Förderer der Robert-Bosch-Schule Ulm e.V.