GESTERN

Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist

Die Idee

Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. 1996 stand Ulm ganz im Zeichen der Sonne. Das selbst ausgerufene Solarjahr war der Zündpunkt für weitreichende Aktivitäten im Bereich der Solarenergie. Mit der Gründung der Solarstiftung sollte das Interesse in der Bevölkerung daran geweckt, Informationen verbreitet, Impulse gesetzt und das Bewusstsein geschärft werden. Mit großem Erfolg.

Icare hob ab, flog und flog und flog … und gewann. Mit dem elektrisch angetriebenen Motorsegler gewann das Team der Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik der Universität Stuttgart den Ulmer Berblinger-Preis. Ziel war es, ein Gerät zu entwickeln, das in der Lage war, ausschließlich durch Sonnenenergie angetrieben im horizontalen Flug zu bleiben. Ausgelobt wurde der internationale Flugwettbewerb im Rahmen des Ulmer Solarjahres 1996, in dem mit einer Reihe von Veranstaltungen die Vielseitigkeit und Leistungsfähigkeit der Solarenergie ins Bewusstsein unser aller Köpfe gerückt werden sollte. Machen wir es kurz: Es war ein großer Erfolg, der Ulm zwar nicht überschwänglich werden ließ, jedoch den Boden bereitete für weitreichende Forschungen und Aktivitäten mit der Sonnenenergie.

Ein glühender Verehrer

Ivo Gönner wusste zwar, dass viele nichts von dem Spektakel des Solarfluges hielten, der damalige Oberbürgermeister hatte jedoch nichts gegen ein Spektakel in einem wohlverstandenen guten Sinn. Für ihn war die Initiative Solarjahr ein Symbol und eine Chance, Ulm einmal mehr als attraktiven innovativen Wirtschaftsstandort zu präsentieren. Ja, Ivo Gönner war in der Tat ein glühender Verehrer der Sonnenenergie. Aus diesem Grund ließ er in seiner Schwörrede 1996 auch den französischen Dichter Victor Hugo zu Wort kommen: „Nichts in der Welt ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. In Erinnerung an die große Vision Albrecht Ludwig Berblingers hat die Stadt einen Preis für ein praxistaugliches, eigenstartfähiges und ausschließlich mit Sonnenenergie betriebenes Flugzeug ausgelobt. Es gab nicht wenige, die diese Herausforderung für unerfüllbar gehalten haben. Aber: Es ist gelungen! Gleichzeitig wurde sehr anschaulich gezeigt: Die Energie, die wir aus der Sonne gewinnen und für uns Menschen nutzbar machen, diese Energie kann in unseren Haushalten, auf den Straßen, auf dem Wasser und in der Luftfahrt umweltfreundlich und zukunftsträchtig eingesetzt werden. Für all diese Anwendungsfelder gibt es hier in Ulm unternehmerische, hand­werkliche und wissenschaftliche Kompetenz. Eine gemeinsame Solar­stiftung der Städte Ulm und Neu-Ulm zusammen mit den Stadtwerken wird auch über das Solarjahr 1996 hinaus diese Kompetenzen weiter fördern und die Anwendung der Sonnenenergie mit einem Betrag bis zu 500.000 DM jährlich fördern.“

Für das Stadtoberhaupt war dies ein in der Bundesrepublik einmaliges Beispiel und ein Signal dafür, dass in Ulm Zukunftsprojekte über die Grenzen hinaus modellhaft umgesetzt werden.

Mit dieser ersten Erwähnung des Namens Solarstiftung bei der Schwörrede auf dem Weinhof war diese Idee nun in vielen Köpfen angekommen.

Förderung des Umweltschutzes

Doch es sollten noch viel mehr werden. Errichtet wurde die Solarstiftung am 9. November 1995 durch die Städte Ulm, Neu-Ulm und die Stadtwerke Ulm / Neu-Ulm GmbH als eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Am 18. Dezember wurde sie durch das Regierungspräsidium Tübingen genehmigt. Die Träger haben der Stiftung 3.400.000 DM (1,7 Mio. Euro) Stiftungskapital zugewandt. Ermöglicht wurde das durch eine erquickliche Steuerrückzahlung an die gemeinsamen Stadtwerke. Neben den Zinsen aus dem Stiftungskapital finanzierte sich die Solarstiftung in den ersten Jahren durch jährliche Zuwendungen von den Stadtwerken Ulm / Neu-Ulm. Die Organe setzten sich aus dem Vorstand, der von Baubürgermeister Alexander Wetzig geleitet wurde, und dem Stiftungskuratorium zusammen. Dem Vorstand gehörten je ein Vertreter der beiden Städte und der Stadtwerke an. Im Kuratorium saßen die beiden Oberbürgermeister, sechs Gemeinderäte, drei Vertreter der Stadtwerke sowie je ein Vertreter der Universität Ulm, der Hochschulen Ulm und Neu-Ulm und des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

Der offizielle Satzungszweck der Stiftung war die Förderung des Umweltschutzes, der Wissenschaft und Forschung, der Ausbildung und Erziehung sowie der Kunst auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien.

Werfen wir einen Blick auf den Abschnitt II §2, Absatz 2 der Satzung, der die Ziele deutlich macht: „Im Rahmen dieses Stiftungszwecks unterstützt die Stiftung insbesondere an­wendungsorientierte Projekte der Sonnenenergienutzung (und zwar sowohl passive Systeme – Solarenergienutzung mittels architektonischer Gestaltung – als auch aktive Systeme – Solarthermie, photovoltaische Stromerzeugung) in allen Bereichen (Haushalt und Gewerbe). Gleichzeitig sollen innovative Entwicklungen, Modelle oder Verfahren zur Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere zur Sonnenenergienutzung, ge­fördert werden. Die Förderung erfolgt in Form zweckgebundener Zuschüsse, Darlehen oder Bürgschaften. Insgesamt kann die Stiftung alle Maßnahmen ergreifen, die die Nutzung erneuer­barer Energien, insbesondere der Sonnenenergie, fördern.“

Die Strahlkraft des Solarjahres

Wie beginnen? Zuerst einmal galt es, für das Kuratorium und den Vorstand eine Infrastruktur zu einer effizienten und bürgernahen Arbeit der Gremien zu schaffen und mit ausreichender Kompetenz auszustatten, um gerade in der Anfangsphase zeit- und praxisnahe Entscheidungen treffen zu können. Dabei ging die Erarbeitung der Förderrichtlinien und Leitlinien für die Solarstiftung einher mit der Präzisierung der Satzung – in enger Abstimmung mit dem zuständigen Finanzamt Ulm und der Genehmigungsbehörde. Und: Die Solarstiftung bekam sehr schnell ihr eigenes Erscheinungsbild. Im ersten Jahr – 1996 – standen die Durchführung eigener Projekte, die Initiierung von Projekten sowie die Förderung von Projekten Dritter im Fokus. Die Durchführung der administrativen Geschäfte wurde den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des damaligen Amtes für Stadtökologie und Umweltplanung, der Abteilung Zentrale Steuerung / Finanzen der Stadt Ulm sowie der Stadtwerke Ulm / Neu-Ulm übertragen, die wiederum von externen Partnern – vor allem jungen Firmen – sowie von Mitgliedern der Ulmer Hochschulen und der an­gegliederten Institute und Institutionen unterstützt wurden.

Durch die Strahlkraft des Solarjahres 1996 war es möglich, zahlreiche Partner aus der Region zusammenzubringen und aus dieser Zusammenarbeit geeignete Projekte zu entwickeln. Besonders zu erwähnen sind hier die Fachhochschule Ulm, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW), der Solarverband Eurosolar und die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie.

Information, Animation und Realisation

Eines war sonnenklar: Trotz der Zuwachsraten des Solarmarktes in der Bundesrepublik Deutschland von rund 25 Prozent Mitte der 90er-Jahre und der Zielsetzung der Europäischen Union, den Anteil der erneuerbaren Energien von damals sechs auf 12 Prozent im Jahr 2010 zu verdoppeln, bedarf es einer kontinuierlichen Unterstützung und Motivation. In Ulm war dies eben die Aufgabe der Solar­stiftung.

Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Auswirkungen eines liberalisierten Energiemarktes in der Europäischen Gemeinschaft festigte das Kuratorium die drei Säulen der Solarstiftun:g Information, Animation und Realisation. So wurde unter anderem die Umsetzung auch kleinerer Projekte mit Dritten als wichtiger Multiplikator angesehen und die Zusammenarbeit mit Bauträgern und Vereinen zur Errichtung von Solarthermie-Gemeinschaftsanlagen angestrebt. Mit Erfolg, denn in Ulm selbst nahm die Installation von PV-­­

An­lagen dank der hier eingeführten erhöhten Einspeise­vergütung 1998 sprunghaft zu.

Ein belächeltes Vorhaben

Finanziert wurden die Maßnahmen und Projekte durch die Erträge aus der Solarstiftung sowie aus zusätzlichen Spenden. Ivo Gönner erinnert sich: „Anfänglich wurde dieses Vorhaben durchaus belächelt. Doch heute gehört es längst zum Standard, dass man sich landauf, landab mit regenerativen Energien auseinandersetzt.“ Der Alt-OB, bis Februar 2016 Vorsitzender des Stiftungskuratoriums, sah darin ein geeignetes Instrument, ganz praktisch und durch konkrete Projekte die Nutzung der Sonnenergie voranzutreiben und damit auch die Marktchancen der angestrebten Vorhaben zu verbessern. Ja, mit der Solarstiftung sollte ein aktiver Beitrag zur Weiterentwicklung der Wissenschaftsstadt geleistet werden, sie sollte ein Bestandteil der Innovationsoffensive sein, mit der Ulm einmal mehr über die Stadtgrenze hinaus seine Inno­vationskraft unter Beweis stellen konnte.

Denn es war ja nicht so, dass man in der Stadt bis zu dieser Zeit nichts von der Sonne und dem Wind gehört hätte. Vielmehr war es nun das Anliegen, die vorhandenen Kräfte zu bündeln und effektiv zu fördern. Bereits 1991 legte die Stadt das Förderprogramm „Rationelle Energieanwendung und Einsatz erneuerbarer Energien“ auf, aus dem private Investitionen bezuschusst wurden. Knapp 150 Solaranlagen – in der Mehrzahl zur Warmwasseraufbereitung – wurden bis 1996 gefördert. In diesem Jahr wurde der Förderbetrag sogar erheblich auf 450.000 DM jährlich aufgestockt. Neben staatlichen Zuschüssen gab es von Januar 1996 an eine kosten­deckende Vergütung des eingespeisten Solarstroms durch die Stadtwerke von je zwei DM je Kilowattstunde.

Es ging nicht darum, zu zeigen, dass es geht

Durch die zahlreichen Aktivitäten in Verbindung mit dem Förderprogramm der Stadt Ulm und der garantierten Einspeisevergütung durch die Stadtwerke ergaben sich auch für die in der Region ansässigen Handwerksbetriebe kalkulierbare Perspektiven.

Auch den Bürgerinnen und Bürgern sollte ein Anreiz geschaffen werden, von fossilen Energieträgern umzusteigen.

So sieht das auch der ehemalige Baubürgermeister Alexander Wetzig, der in seiner Amtszeit auch Vorstandsvorsitzender der Solarstiftung war: „Heute ist die Solarenergie längst im Alltag angekommen, eine Selbstverständlichkeit. Damals hatte vor allem die kostendeckende Vergütung von hauseigenen Solaranlagen das Interesse der Häuslebesitzer geweckt. Doch ihre entscheidende Rolle spielte die Solarstiftung bei der Information und der Animation.“ Dipl.-Ing. Peter Jäger von der städtischen Umwelt- und Standplanung, der von 1995 die Geschäfte der Stiftung führte, pflichtet bei: „Es ging uns nie darum zu zeigen, dass es geht. Wir wollten die Menschen vielmehr anregen über Alternativen nachzudenken.“

Start-ups profitieren

Und so zeigte die Solarstiftung über ein Vierteljahrhundert bei der Integration der Solarenergienutzung in die kommunale Gesellschaft die Richtung an: als Moderatorin des Netzwerkes Ulm-Solar, als Wegbereiterin für neue Entwicklungen sowie als Initiatorin zukunftsweisender Projekte. Und dies mit zahlreichen Angeboten und Aktivitäten bei Information, Aus- und Weiterbildung. Und dies war stets auch verbunden mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze in Entwicklung, Produktion und Handwerk. Junge Start-up-Unternehmen aus der Solarbranche haben sich in der Region zu mittelständischen Betrieben entwickelt, die von Ulm aus zum Teil weltweit tätig sind.

Die Kraft der Bewegung

Überhaupt: Ulm hat sich über die Stadtgrenzen hinaus für seine Aktivitäten rund um die Solarstiftung relativ schnell einen Namen gemacht. Beispielhaft steht hierfür auch die siebenmalige Meisterschaft in der Solarbundesliga.

Und mit dem dezentralen Expo-2000-Passivhaus-Projekt „Im Sonnenfeld“ hat die Solarstiftung letztlich den Anstoß für eine nachhaltige Energienutzung beim Bauen und für die Aufwertung der Nutzung erneuerbarer Energien im Neu- und Altbaubereich gegeben.

Doch was wäre die Solarstiftung ohne unsere gute alte Donau? Mit der Solarflotte griff sie die jahrhundertealte Tradition der Flussschiffahrt wieder auf und erreichte mit den Solarbooten und der Solarfähre eine breite Öffentlichkeit. Und sie tut es noch heute. Touristen, Einheimische, Schülergruppen und Vereine steigen von Mai bis Oktober gerne ein und lassen sich auf den Wellen des Flusses wiegend über die Wirksamkeit der umweltfreundlichen Sonnenenergie aufklären. Bequemer geht es wohl kaum. Und genau darum ging es ja der Solarstiftung in allererster Linie: um Bewusstseins­bildung. Das Ziel war es, in einer breiten Bevölkerung Auf­geschlossenheit und Akzeptanz für die Anwendung erneuer­barer Energien zu gewinnen, um so ein Umdenken im Alltag zu fördern. Denn eines war klar: Nur durch das zielgerichtete Handeln eines jeden Bürgers und einer jeden Bürgerin kann eine Bewegung angestoßen werden, nur durch die Weitergabe der Idee hat diese Bewegung Kraft, nur durch die Stärkung der Nachfrage nach solarer Energienutzung kann der Markt langfristig beeinflusst werden.

Drei Schwerpunkte

Immer wieder schärfte man am Profil der Solarstiftung und zu Beginn des Jahres 2001 wurde deren Arbeit sogar noch einmal neu definiert. Dabei wurden neben der bereits erwähnten Stärkung der Bewusstseinsbildung zwei weitere Wirkungsschwerpunkte beschlossen. Da war zum einen die Förderung der Brennstoffzellenkompetenz (BSZ) in der Region. Um die am ZSW vorhandene Kompetenz in diesem Bereich auch in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, wurde unter anderem das Solarboot zusätzlich mit einer BSZ-Einheit ausgerüstet. Der dritte Punkt war die Nutzung regionaler Biomasse. Auch im Rahmen einer Machbarkeitsstudie sollten die Möglichkeiten der ökologischen Produktion, der innovativen Umwandlung und der öffentlichkeitswirksamen Anwendung sowie die Vermarktung biomassestämmiger Produkte in der Region aufgezeigt werden.

Ausschlaggebend für die Wahl dieser drei Schwerpunkte war, dass die Anwendung der Solarthermie zwischenzeitlich weitgehend zum Standard gehörte und durch Regionalförderungen, zum Beispiel durch die Stadt, abgedeckt war. Auch die Photovoltaik erfuhr durch die inzwischen rechtskräftige Einspeisevergütung sowie verschiedene Fördermaßnahmen einen Anschub.

Erleben, verstehen, mitmachen

Um die Idee der Solarstiftung weiterzutragen, wurden unter anderem Solartouren zu bereits realisierten Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien angeboten. Sie führten durch das Solardorf Ermingen, durch die Weststadt, zu Wasserkraftwerken, zu Passivhäusern oder zu Orten, an denen es solare Kunstobjekte zu bestaunen gab. Diese höchst informativen lokalen oder thematisch zugeschnittenen Spaziergänge sollten jedoch beileibe nicht nur die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen, sondern sie sollten immer auch ein Ansporn sein, nachzudenken, nachzuahmen und aktiv zu werden.

Und genau das war der Punkt, das von Beginn an zentrale Thema. Bei den vielen in all den Jahren durchgeführten Solaraktionen ging es darum, die Menschen durch Erleben und Verstehen zum Mitmachen zu bewegen. Die Zielgruppe war vor allem Schulen als Multiplikatoren der zukünftigen Generationen. Für sie stellte die Solarstiftung Lehrmaterial bereit, nahm an Projektwochen teil und organisierte Lehrerfortbildungen. Besonders beliebt waren die schwimmenden Klassenzimmer auf den Solarbooten und auf der Solarfähre. Neben den Schulen wurden immer auch die Vereine als bedeutende Multiplikatoren der solaren Idee angesehen. Das Ziel war es, diesen zu einem Gesamtenergiekonzept, einem Maßnahmenplan und einem Umsetzungsprogramm zu verhelfen. Neben individuellen Beratungen bei völlig unterschiedlichen Bausubstanzen der einzelnen Vereinsgebäude wurde ein Versorgungskonzept entwickelt, mit dem die Erzeugung des Strombedarfs auf die vereinseigenen PV-­Anlagen gestützt war.

Stiftungsprofessur mit Schwerpunkt Energie

Neben einer ausgeprägten Öffentlichkeitsarbeit und einer aktiven Zusammenarbeit mit den Ulmer und Neu-Ulmer Schulen stand immer auch die enge Verzahnung mit der Wissenschaft im Fokus der Solarstiftung. Aus diesem Grund beschloss das Kuratorium im Jahr 2004 für die Dauer von fünf Jahren die Einrichtung der Stiftungsprofessur „Energiedatenmanagement dezentraler und regenerativer Energieversorgungssysteme“ an der Hochschule Ulm. Die Finanzierung erfolgte durch eine Förderung der Solarstiftung über 350.000 Euro, ermöglicht durch eine entsprechende Spende der Stadtwerke Ulm / Neu-Ulm GmbH. Berufen wurde Prof. Dr. Gerd Heilscher, der den Fokus seiner Arbeit, die er 2006 begonnen hatte, auf den hoch­schulinternen Ausbau des Schwerpunkts Energie legte. Der Sprecher des Instituts für Energie- und Antriebstechnik war neben seiner Tätigkeit an der Hochschule auch beratend für den Vorstand der Solarstiftung, die Stadtverwaltung und für die SWU tätig.

Für die Umsetzung all der genannten Ziele wurde über das Kuratorium hinaus ein Solarnetzwerk aus Politik, Verwaltung, Energiedienstleistern, Hochschulen, Planern und Handwerkern auf- und ausgebaut. Als wichtiger Katalysator für die interessierten Wirtschaftsunternehmen, Bürgerinnen und Bürger ist an dieser Stelle auch das Energieforum der Solarstiftung zu nennen, das regelmäßig im Kloster Wiblingen, in der Neuen Mitte und in Kooperation mit der Sparkasse Ulm im Stadthaus durchgeführt wurde.

Neue Wege

Dann der Einschnitt. Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise reduzierten sich auch die Erlöse aus dem Stiftungskapital von bislang 80.000 Euro auf rund 30.000 Euro. Im Dezember 2009 reagierte das Kuratorium auf die veränderte Situation und beauftragte den Vorstand der Solarstiftung, alternative Kapitalanlagen – möglichst im Bereich erneuerbarer Energien – zu eruieren, um höhere Erträge zu generieren. Alle waren sich darin einig, den Schwerpunkt der Solarstiftung auf die Weiterführung der Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung mit den vorhandenen und bewährten Strukturen zu legen. Im Jahr 2014 beschloss das Kuratorium dann, neue Wege für die Solarstiftung zu gehen. Im Jahr darauf wurde sie in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt, um für die kommenden fünf Jahre neue Akzente jenseits der Photovoltaik zu setzen. Daraus entstanden 15 von der Solarstiftung Ulm / Neu-Ulm geförderte Projekte, die vom Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) e.V., ausgesucht wurden.

Im November 2019 wurden sie im Stadthaus präsentiert. Eingeladen war auch Ivo Gönner, der sich einer ungewöhnlichen Aufgabe gegenübersah. „Als Festredner kenne ich mich aus. Als Trauerredner wurde ich bislang noch nicht gefordert“, erklärte der Alt-OB bei seinem Grußwort zur Veranstaltung „Solare Energien und Energieeffizienz – praktisch erlebbar“.

Doch mit der Präsentation der Projekte gab es mehr als genügend Gründe, positiv in die Zukunft zu blicken – auch wenn die Stiftung 2020 nach einem erfolgreichen Vierteljahrhundert, laut Ivo Gönner, nun „zu Grabe getragen“ wird.

An dem Tag wurden alle Projekte in einem 60-minütigen Speed-Dating vorgestellt. Zu den Projektträgern gehörten unter anderem die Technische Hochschule Ulm, das WBZU Berufsbildungs- und Technologiezentrum gBgA, die Regionale Energieagentur Ulm gGmbH, die Hochschule für angewandte Wissenschaften Neu-Ulm, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Ulm sowie der Verein der Freunde und Förderer der Robert-Bosch-Schule Ulm.

Ob es um den Bau von Lastenfahrrädern, das Monitoring von Einfamilienhäusern, die Versorgungssicherheit und Netzstabilität durch die intelligente Regelung dezentraler Anlagen in Ulm, Brennstoffzellen für kommunale Einsätze oder moderne Heizsysteme im Neubau ging, ein Rundgang zu den einzelnen Stationen, die im großen Saal des Stadthauses aufgebaut waren, machte schnell klar, dass die Anwendungsmöglichkeiten solarer Energien oder deren effiziente Nutzung vielfältig sind. Und sie sind eben auch weiterhin eine große Chance für die beiden Städte Ulm, Neu-Ulm und die Region.

Zum Abschluss sprach Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, über die Auswirkungen auf unser Leben, wenn die Menschheit nicht zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umstelle. Mit erschreckenden Bildern: „Eine Erdüber­hitzung auf drei Grad bis 2050 ist existenzbedrohend. So werden zum Beispiel 55 Prozent der Menschheit jährlich mindestens an 20 Tagen tödlicher Hitze ausgesetzt sein. Und derzeit 20 Millionen Klimaflüchtlinge sind erst der Anfang.“ Doch für den ehemaligen Bundestagsabgeordneten ist eine Umkehr der schändlich vernachlässigten Klimapolitik möglich – wenn rasch gehandelt wird: „Die Energiewende ist keine Frage von technischer Machbarkeit oder Wirtschaftlichkeit, sondern eine des politischen Willens. Die Aufgaben sind groß, doch die Lösungen sind da. Packen wir es an.“

Und so sah das ja auch Ivo Gönner, der dann letztlich doch nicht als Trauerredner auftrat: „Die Zeit der Solarstiftung ist zwar vorbei. Doch nun macht sie Platz für neue Ideen und Initiativen.“ Auch damit hat sie ihren Zweck mehr als erfüllt.